Im Sommer 2023 führte StayIN in Kooperation mit unserer lokalen Partnerorganisation MMO ein hochrangiges Symposium mit Vertretern der afghanischen Wirtschaft und Politik durch. Dieses Symposium stellte den Abschluss einer umfassenden Bedarfsanalyse in Bezug auf fehlende qualifizierte Arbeitskräfte in Afghanistan und einer gleichzeitigen Etablierung eines weitreichenden Netzwerks an Unterstützern dar.
Ausgangssituation
Die wirtschaftliche Lage in Afghanistan ist ohne Zweifel schwierig. Vor der Machtübernahme durch die Taliban wurden etwa 80% des Staatshaushaltes von ausländischen Quellen beigesteuert – diese Zahlungen sind fast komplett entfallen. Viele qualifizierte Arbeitskräfte haben das Land verlassen – was aufgrund der momentan als sehr begrenzt empfundenen Zukunftsperspektive im Land nachvollziehbar ist. Aber diese Abwanderung schwächt wiederum die Wirtschaft weiter. Wichtig für den Aufbau einer tragfähigen Wirtschaft ist daher die Ausbildung qualifizierter Arbeitskräfte insbesondere in den Berufen, unter deren Mangel afghanische Unternehmen derzeit am stärksten leiden.
Ziele und Lösung
StayIN will in Afghanistan ein duales Ausbildungssystem nach deutschem Vorbild etablieren, um dieses Problem zu lösen (siehe dazu auch das separate Projekt Etablierung des dualen Ausbildungssystems in Afghanistan).
Um sich diesem langfristigen Ziel anzunähern, musste StayIN zunächst einmal zwei Voraussetzungen erfüllen – eine qualifizierte Analyse des Bedarfs und die Etablierung eines Netzwerks lokaler afghanischer Partner. Das Symposium in Kabul stellte somit nur den Abschluss dieser Arbeiten dar.
Eine primär von unserem lokalen Kooperationspartner MMO durchgeführte Bedarfsanalyse anhand von Interviews mit Industrieunternehmen ergab, dass der Mangel an qualifizierten Industrieelektrikern derzeit ein gravierendes Problem für Industrieunternehmen in Afghanistan ist. Als Resultat wird StayIN in einem ersten Schritt mit der Etablierung eines Ausbildungssystems für Industrieelektriker beginnen.
Der Besuch zweier deutscher StayIN-Mitglieder in Kabul erlaubte gleichzeitig, durch vorbereitende Gespräche mit Vertretern aus der Regierung und Industrieverbänden eine breite Unterstützung für das Projekt einzuholen.
Die Reise kulminierte in dem Kabuler Regierungspalast durchgeführten Symposium. Ziel des Symposiums war es, den etwa 500 Teilnehmern aus Industrie, Behörden, NGOs und Verbänden zusammenfassend das Konzept des dualen Systems zu erläutern und die Kooperation aller relevanten Beteiligten zu sichern. Um diese Unterstützung deutlich sichtbar zu machen, beinhaltete das Symposium auch die Unterzeichnung einer Reihe von Kooperationsverträgen zur gemeinsamen Zielsetzung.
Das Symposium stellte somit das erfolgreiche Ende des ersten wichtigen Teilschritts bei der Etablierung eines dualen Ausbildungssystems in Afghanistan dar – die Verständigung auf das Konzept und die Ziele sowie die lokale Akzeptanz und Kooperation.
Partner
Unser lokaler Partner in Afghanistan ist die Mission Mind Organization, eine registrierte NGO mit Fokus auf die fachliche Aus- bzw. Weiterbildung von spezialisierten Arbeitskräften, Führungskräften und Unternehmerinnen. Im Fokus der MMO-Arbeit stehen besonders Frauen, die bei der beruflichen Etablierung und der Stärkung der gesellschaftlichen Position unterstützt werden sollen. Gefördert werden auch ganz allgemein junge Menschen, damit sie den gesellschaftlichen Anforderungen genügen können und sich bedarfsorientiert beruflich weiterbilden können.
Mission Mind Organization ist eine rein ehrenamtliche Organisation ohne fest angestellte Mitarbeiter. Derzeit bringen sich rund 100 ehrenamtliche Mitglieder in die MMO-Arbeit ein. MMO finanziert sich ausschließlich über Fördermittel aus den Projekten und Spenden aus dem Ausland. Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben.
In der Vergangenheit von MMO in Afghanistan durchgeführte Projekte umfassten unter anderem Winterkampagnen für humanitäre Hilfe, Sammeln von Winterkleidung, Trainings (Schreibtraining, Projektmonitoring) und die Durchführung einer Konferenz (Konferenz „Afghanische Frauen 1919–2022“).